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Der erste Testlauf für den Ausbau unseres Weins im Keramikfass

23 Juli 2021

Wie viele von Ihnen bereits wissen, haben wir uns im Winter 2020 entschlossen, bei einer Werkstatt in Savona zwei Keramikfässer zu erwerben, um unsere Weine darin auszubauen. Nach einer ersten 12 Monate dauernden Testphase möchten wir Ihnen erzählen, wie das Experiment verlaufen ist. 

Warum Keramik?

Ich gehe einen Schritt zurück, um Ihnen zu erzählen, welches die Gründe für diese Entscheidung waren: Einerseits wollten wir den klimatischen Extreme der letzten Jahre entgegenwirken, und andererseits wollten wir noch weniger in den Prozess der Vinifikation unseres Sangiovese eingreifen.

Die Klimakrise ist inzwischen offensichtlich. Am deutlichsten spürbar ist der Anstieg der Durchschnittstemperaturen, der zu einem höheren Zuckergehalt der Trauben führt, womit auch der Alkoholgehalt steigt und die Struktur des Weins komplexer wird. Der Ausbau im Holzfass unterstreicht diese Merkmale in gewisser Weise und hebt die Fruchtaromen des Weins auf eine Ebene extremer Reife, vergleichbar mit Marmelade mit tendenziell süßen Gewürz- und Balsamnoten. 

Unsere Idee war es, einen Behälter zu finden, der im Stande ist, auch die blumigen und pflanzlichen Noten zu unterstreichen und gleichzeitig Duft und Frische der Frucht zu bewahren.

Wie Sie wissen, liegt uns außerdem daran, die vom Holz auf unsere Weine übertragenen Geschmacksstoffe unter Kontrolle zu halten. Wegen der einfacheren Handhabung verwenden wir kleine, jedoch selten neue Fässer mit ausgeprägtem Röstaroma, besser sind gebrauchte Fässer, die auch einige Jahre alt sein können.

Trotzdem entwickelt unser Chianti Classico Riserva während der ersten Reifungszeit in der Flasche, wenn der Wein wegen dem durch Filtration und Abfüllung ausgelösten Stress noch „an der Flasche leidet“ die für die Reifung im Fass typisch holzigen Aromen, die erst nach einigen Monaten ausbalanciert werden.

Vor zwei Jahren begab ich mich auf die Suche nach einem Behälter, der in Kombination mit dem Holzfass verwendet werden kann, um beiden Anforderungen gerecht zu werden. Terrakotta habe ich sofort ausgeschlossen, da dieses Material mit hoher Wahrscheinlichkeit langfristig zu übermäßiger Oxidation führt. Ich habe zwar an vielen Orten der Welt hervorragende in Terrakotta-Amphoren ausgebaute Weine getrunken, aber niemals einen Wein auf Sangiovese-Basis, der meinen Vorstellungen entspricht.

Zunächst hatte ich an Zement gedacht, ein relativ poröses Material, das mit leichtem Lufteinlass wie beim Holzfass eine Mikrooxigenation des Weins ermöglicht, jedoch als träges Material keinerlei Geschmacksstoff abgibt.

Nachdem ich bei einigen Produzenten von Zementfässern für den Weinausbau erste Informationen eingeholt habe, sind zwei kritische Aspekte deutlich hervorgetreten: Erstens wird die starke Porosität des Zements durch die strukturelle Notwendigkeit sehr dicker Wände zum Teil zunichte gemacht, zweitens ist die Handhabung dieser großen und enorm schweren Behälter in unserer kleinen Kellerei problematisch.

Gemeinsam mit meinem Vater Fernando habe ich also auf einer Fachmesse Herrn Luca Risso am Stand seines Unternehmens Clayver besucht. Er hat uns von der Möglichkeit der Verwendung einer besonderen Mischung Keramikfeinsteinzeug mit höherer Porosität erzählt und uns dann erläutert, dass trotz der im Vergleich zu Zement geringeren Porosität die reduzierte Stärke der Fasswände dennoch zu einem Gasaustauch mit der externen Umgebung beitragen kann. 

Im Portefeuille hatte ich gesehen, dass Clayver diese Fässer auf der ganzen Welt verkauft, aber ich habe nach Referenzen unter Sangiovese-Produzenten, speziell im Chianti-Classico-Gebiet gefragt. Luca hat uns einige unserer Kollegen genannt, die mich schließlich überzeugt haben, zwei 400 Liter-Keramikfässer zu erwerben, um sie mit unseren Weinen zu testen.

Das erste Jahr des Experimentierens

Ich wollte die beiden Fässer testweise über einen Zeitraum von 12 Monaten, also vom Frühjahr 2020 bis zum Frühjahr 2021, und mit zwei verschiedenen Weinen verwenden.

Das erste Clayver-Fass habe ich nach Abschluss der malolaktischen Gärung mit 400 Litern Chianti Classico 2019 gefüllt, während die restliche Menge dieses Weins wie üblich 12 Monate in Holzfässern gereift ist. Ich hatte zunächst nicht vor, diesen Behälter für den Jahrgangs-Chianti Classico zu verwenden, denn letztendlich bin ich der Auffassung, dass diese Sorte Wein etwas Ausbau im Holzfass benötigt, um seine Entwicklung mit Komplexität anzureichern. Der Nutzen bestand jedoch darin, das Potential des Keramikfasses an einem Wein zu testen, der noch nie mit Holz in Berührung gekommen war.

Mit dem zweiten Fass wollte ich hingegen meine ursprüngliche Idee auf den Prüfstand stellen, ich habe es also mit 400 Litern Chianti Classico Riserva 2018 gefüllt, der zuvor ein Jahr des Ausbaus in Holzfässern absolviert hatte. Die restliche Menge haben wir wie üblich zur Reifung für weitere 12 Monate in Barrique-Fässer gefüllt.

Nach einem Jahr Wartezeit konnten wir endlich den im Keramikfass gereiften Wein mit dem mit der klassischen Methode im Holzfass ausgebauten Wein vergleichen.

Die Vergleichsverkostung

Nach einem Jahr des Ausbaus war es nun soweit, und wir konnten uns mit den ersten Testschlücken schon eine Vorstellung von den Ergebnissen machen. Die Gefahr dabei war, dass mein Urteil durch persönliche Voreingenommenheit verfälscht werden konnte, ich hatte also die Idee einer Blindverkostung mit einigen Experten und Liebhabern, um eine objektivere Bewertung zu erhalten.

Mit Hilfe von Manila haben wir hier auf unserem Weingut zwei Verkostungen organisiert, zu der wir eine Reihe von Freunden eingeladen haben: Sommeliers, Weinkritiker, Winzerkollegen, Weintechniker und Fachleute. Einigen von ihnen, die nicht direkt teilnehmen konnten, haben wir Proben zugeschickt.

Die Verkoster erhielten einen detaillierten Fragebogen zum Ausfüllen, um die Unterschiede zwischen jeweils zwei Proben herauszuarbeiten: Zunächst wurden der Chianti Classico 2019, der ein Jahr nur im Keramikfass gereift war, mit dem gleichen im Holzfass gereiften Wein verglichen, und danach die ein Jahr im Holzfass und ein Jahr im Keramikfass gereifte Riserva 2018 mit dem gleichen Wein, der zwei Jahre im Holzfass gereift war.

Im Fragebogen (wenn es Sie interessiert, finden Sie ihn hier auf Italienisch) wurde nach der Bewertung der Proben unter den Gesichtspunkten Aroma, Struktur, Frische, Komplexität und typischer Charakter gefragt. Außerdem sollte der jeweils bevorzugte Wein innerhalb der paarweisen Proben angegeben werden.

Am Ende ist es uns gelungen, über 20 fachkundige Meinungen einzuholen, die meine Eindrücke bestätigt haben.

Die Ergebnisse

Chianti Classico 2019

Bei diesen beiden Proben hat der im Holzfass ausgebaute Wein erwartungsgemäß eine höhere Präferenz (wenn auch nur von 52 %) erzielt. Der im Keramikfass ausgebaute Wein ist zwar nach Meinung aller Verkoster sehr viel frischer und süffiger, aber viele finden wie ich, dass diese Sorte Wein mehr Komplexität braucht, die nur mit etwas Ausbau im Holzfass erreicht werden kann.

Der Vergleich zwischen diesen beiden Proben diente entsprechend der ursprünglichen Absicht nur dazu, das Potential des Keramikmaterials bei einem Wein, der nie mit Holz in Berührung gekommen war, zu testen.

 

Chianti Classico Riserva 2018

An diesem Vergleich lag mir besonders, da er den von mir tatsächlich geplanten Einsatz des Keramikfasses zur Grundlage hatte, und ich muss sagen, dass mich die Ergebnisse ermutigt haben!
Über 80 % der höchst kompetenten Verkoster haben der Riserva-Probe den Vorzug gegeben, die ein Jahr im Holzfass und ein Jahr im Keramikfass und nicht nach der klassischen Methode zwei Jahr im Holzfass ausgebaut war.

Die Ergebnisse haben gezeigt, dass das Keramikmaterial Frische und Süffigkeit des Weins bewahren kann, ohne dass der Wein übermäßig schwer wird. Die blumig-aromatische Komponente und die Wahrnehmung von Säure bleiben aufrecht. Die ein Jahr im Holzfass und ein Jahr im Keramikfass ausgebaute Probe wurde auch unter dem Gesichtspunkt des ausgewogeneren und eleganteren Tannins als hochwertiger eingestuft. 

Hier finden Sie die genauen Ergebnisse auf Italienisch. Den Ziffern sind die folgenden Proben zugeordnet:

  1. Chianti Classico 2019, ein Jahr im Keramikfass ausgebaut
  2. Chianti Classico 2019, ein Jahr im Holzfass ausgebaut
  3. Chianti Classico Riserva 2018, ein Jahr im Holzfass und ein Jahr im Keramikfass ausgebaut
  4. Chianti Classico Riserva 2018, zwei Jahre im Holzfass ausgebaut

Wie geht es jetzt weiter?

Wir müssen die Proben natürlich nach einigen weiteren Monaten und sogar Jahren neuerlich verkosten, um zu verstehen, wie deren Entwicklung in der Flasche verläuft. Ich möchte die ursprüngliche Idee gerne weiter umsetzen und den Ausbau unserer Riserva von 2 Jahren im Holzfass auf 1 Jahr im Holzfass + 1 Jahr im Keramikfass umstellen.

Die beiden Fässer aus Clayver-Keramik wurden bereits mit 800 Litern des Chianti Classico Riserva 2019 befüllt, der zuvor 12 Monate im Holzfass gereift ist. Wir werden jedoch weitere Fässer erwerben müssen, um unsere gesamte Riserva-Produktion ein Jahr lang in diesem Behälter reifen lassen zu können.

Mit etwas Geduld werden wir unser Ziel erreichen, bis dahin nutzen wir die Zeit, um die Unterschiede noch genauer zu erkennen.